C. Das Mandat bei gefährdetem Bestand des Arbeitsverhältnisses

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die Mçglichkeit und gegebenenfalls ist er darauf unter Berufung beispielsweise auf 96 Abs. 2 S. 2 BetrVG aufmerksam zu machen, zu erreichen, dass diese Mitarbeiter bei Qualifizierungsmaßnahmen zum Zuge kommen. Gerade auch mit Blick auf die erleichterte Mçglichkeit, Arbeitnehmer von der Sozialauswahl auszunehmen und somit die Kündigung eigentlich sozial schützenswerter Arbeitnehmer eher herbeizuführen, sind die aufgezeigten Mçglichkeiten von grçßerer Bedeutung, seit 1 Abs. 3 KSchG in der jetzigen Fassung gilt (vgl C, III., Rn 354 ff). 100 Präventive Mçglichkeiten zur Kündigungsverhinderung kçnnen auch im Rahmen der Mitbestimmung nach 87 BetrVG bestehen (zb Regelungen in Betriebsvereinbarungen über das Verbot betriebsbedingter Kündigungen im Zusammenhang mit Einführung von Kurzarbeit). Hinweis: Im Rahmen einer individualrechtlichen Beratung dürften jedoch wenig Mçglichkeiten bestehen, auf solche betrieblichen Entscheidungsprozesse Einfluss zu nehmen, es ist jedoch gerade bei Betrieben mit entsprechenden Strukturen immer sorgfältig zu erfragen, ob in diesen Bereichen Betriebsvereinbarungen bestehen; auch an entsprechende Regelungen in Sanierungs- und Rationalisierungsschutztarifverträgen ist zu denken. 7. Streitwert- und Gebührenfragen bei Beratung und Vertretung 101 Mit dem Wegfall der Regelungen von Nr. 2100 VV ergibt sich bei der Beratung nicht mehr durch gebührenrechtliche Vorgaben, dass der Bestand des Arbeitsverhältnisses streitwertmäßig zu bewerten ist (in der Regel ist hierbei 42 Abs. 4 GKG bzw vorher nach 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG von drei Bruttomonatsvergütungen ausgegangen worden), sondern es ist vorab eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer zu treffen. Dabei kann nach Stundensätzen verfahren werden, es kann jedoch auch vereinbart werden, dass streitwertabhängig unter Bezugnahme auf die Gebührentabelle mit Ansetzen eines Werts nach dem RVG abgerechnet wird (beispielsweise eine Gebühr, die sich an der Gebühr für die außergerichtliche Vertretung orientiert). 102 Kommt es im außergerichtlichen Stadium zu einer Vertretung nach außen, so gilt Nr. 2400 VV (Geschäftsgebühr) und bei einer Mitwirkung des Anwalts an einer Einigung zusätzlich Nr. 1000 VV (außergerichtliche Einigungsgebühr). In diesem Fall stellt der Streitwert weiterhin die Bezugsgrçße dar. Insoweit ist auf die Hinweise zur gerichtlichen Streitwertfestsetzung zu verweisen (vgl B, I., Rn 71 ff). Hinweise zum Arbeitnehmermandat bei Befristung Zu prüfen sind vor allem folgende Punkte: n Liegt eine schriftliche Befristungsabrede vor, wann wurde die Abrede fçrmlich getroffen, wurde vorher die Arbeit bereits aufgenommen (vgl C., II., Rn 103 110)? n Wann endet das befristete Vertragsverhältnis, liegt eine kalendermäßige Befristung, eine Zweckbefristung oder eine auflçsende Bedingung vor (vgl C., II., Rn 114 119)? n Ist die Befristung auf 14 Abs. 2 TzBfG gestützt (sachgrundlose Befristung), sind deren Voraussetzungen gegeben (Fehlen eines früheren Arbeitsverhältnisses, Befristung auf maximal zwei Jahre, vgl C., II., Rn 167 182)? 254

n Liegt eine sachgrundlose Befristung bei einem älteren Arbeitnehmer vor, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Abs. 3 in der neuen Fassung erfüllt sind (vgl C., II., Rn 183 192). n Wenn die Befristung auf 14 Abs. 1 TzBfG gestützt wird, ist zu untersuchen, ob einer der genannten Beispielsfälle eingreift oder ob es sich um einen sonstigen grundsätzlichen anerkennenswerten Grund handelt. Es sind spezifische Angriffsmçglichkeiten zu untersuchen, von zentraler Bedeutung ist vor allem die Überprüfung der Prognose hinsichtlich des zeitlich begrenzten Beschäftigungsbedarfs bei Abschluss des Vertrages (vgl C., II., Rn 137 166). n Greifen besondere tarifliche Formvorschriften oder tarifliche Begrenzungen in zeitlicher Hinsicht ein (vgl C., II., Rn 132 ff)? n Geht es nur um den Fall der Befristung einzelner Arbeitsbedingungen, so ist nicht das TzBfG anzuwenden, es ist auf die frühere Rechtsprechung zur Umgehung des Kündigungsschutzes unter dem Gesichtspunkt der Umgehung des ¾nderungskündigungsschutzes zurückzugreifen und nach sachlichen Gründen im Sinne dieser Rechtsprechung zu fragen (vgl C., II., Rn 111). n 17 Abs. 1 TzBfG ist für alle Befristungsabreden, die sich auf das Arbeitsverhältnis als Ganzes beziehen, zu beachten: Ablauf der Klagefrist drei Wochen nach Befristungsende, Anwendbarkeit der 5 bis 7 KSchG, Besonderheiten bei der Zweckbefristung beachten (vgl 15 Abs. 2 TzBfG), vgl C., II., Rn 112 128. n Bei Fassung des Klageantrages Formulierung in 17 Abs. 1 TzBfG beachten, die allgemeine Feststellungsklage nach 256 ZPO ist in der Regel nicht die richtige Fassung des Klageantrages, vgl C., II., Rn 122 ff. 1. Befristungsabrede, Schriftformerfordernis Ein relativ häufiger Streitgegenstand in Arbeitsgerichtsverfahren ist die Frage der 103 Wirksamkeit einer Befristungsabrede. Grundsätzlich lässt 620 BGB die Vereinbarung der Befristung von Dienstverträgen zu. Einschließlich des Jahres 2000 galt diese Vorschrift auch für Arbeitsverträge, wobei bis dahin eine umfangreiche Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Wirksamkeit befristeter Arbeitsverträge unter dem Gesichtspunkt der Umgehung kündigungsschutzrechtlicher Bestimmungen existierte. 55 Mit Inkrafttreten des Teilzeit- und Befristungsgesetzes mit Wirkung ab 1.1.2001 ist das 104 Befristungsrecht auf neue Grundlagen gestellt worden, wobei Einflüsse früherer gesetzlicher Regelungen und der Rechtsprechung spürbar sind. Das Teilzeit- und Befristungsgesetz übernahm zb auch die begrenzte Mçglichkeit der sachgrundlosen Befristung des 1985 geschaffenen Beschäftigungsfçrderungsgesetzes. 56 620 Abs. 3 BGB bestimmt, dass für die Befristung von Arbeitsverträgen das Teilzeitund Befristungsgesetz gilt und nicht mehr die im BGB verankerte Vorschrift. Da eine 105 wirksame Befristungsabrede die Beendigung des Arbeitsverhältnisses herbeiführt, ist es konsequent, dass der Gesetzgeber hierfür ein Schriftformerfordernis geschaffen 55 Vgl Erf.Komm./Müller-Glçge Rn 1 ff zu 14 TzBfG mwn. 56 Vgl Erf.Komm./Müller-Glçge Rn3 zu 14 TzBfG, siehe auch Überblick in HK-ArbR/Tillmanns Rn4 ff zu 14 TzBfG. 255

hat. Auch hinsichtlich der Befristung war es zunächst in 623 BGB geregelt, nunmehr gilt 14 Abs. 4 TzBfG. Die der Schriftform genügende Befristungsabrede ist damit der Anknüpfungspunkt für die Beratung des Arbeitnehmers und den Streit um ihre Wirksamkeit. 106 17 TzBfG bestimmt, dass vom Arbeitnehmer die Unwirksamkeit der Befristungsabrede innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages durch Klage beim Arbeitsgericht geltend gemacht werden muss (vgl C., Rn 120 ff). Das Arbeitnehmermandat ist häufig von der Ausgangssituation gekennzeichnet, dass ein Arbeitnehmer noch hofft, dass eine befristete Beschäftigung in eine unbefristete umgewandelt wird. Zwar wird nicht selten bereits bei Abschluss eines befristeten Vertrages eine rechtliche Einschätzung eingeholt, letztendlich wird eine Befristungsabrede aber zunächst unter dem Gesichtspunkt akzeptiert, dass der Spatz in der Hand besser ist als die Taube auf dem Dach. Die Klage gegen die Befristung kommt damit für den Arbeitnehmer in aller Regel erst in Frage, wenn das befristete Arbeitsverhältnis sich dem Ende zuneigt oder bereits beendet ist und eine Anschlussbefristung oder eine Weiterbeschäftigung nicht erfolgt. Damit ist die Ausgangslage vergleichbar derjenigen im Kündigungsschutzprozess, häufig ist schnelles Handeln durch Klage zum Arbeitsgericht geboten. 107 Ausgangspunkt der Beurteilung ist regelmäßig der vom Mandanten vorgelegte Vertrag. Die Schriftform muss sich allerdings nach 14 Abs. 4 TzBfG allein auf die Befristungsabrede beziehen. Ein Unterschied zu 623 BGB besteht darin, dass die elektronische Form in 14 Abs. 4 TzBfG nicht ausgeschlossen wurde. 57 108 Von praktisch großer Bedeutung ist die Entscheidung des BAG vom 1.12.2004, die eine nachträglich unterschriebene Befristungsabrede für unwirksam erachtet. 58 Es ist also immer genau zu untersuchen, wann die Arbeitsaufnahme war und wann die Befristungsabrede tatsächlich unterzeichnet wurde. Da die BAG-Entscheidung erst nach einiger Zeit einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde, ergeben sich bisweilen Ansatzpunkte für eine erfolgreiche Geltendmachung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Typische Fallkonstellation: So ist es in Teilen des çffentlichen Dienstes mit stark gegliederten Strukturen so, dass beispielsweise ein Lehrer an einer Schule nach den Sommerferien sogleich den Dienst aufnehmen sollte, erst später aber vom Schulträger der befristete Vertrag ausgefertigt und zur Unterschrift vorgelegt wurde. 59 109 Von Bedeutung ist das Schriftformerfordernis auch im Falle der befristeten Weiterbeschäftigung eines Arbeitnehmers nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses. 60 57 Hk-TzBfG/Boecken 14 Rn166, Erf.Komm./Müller-Glçge Rn149 zu 14 TzBfG mit Hinweis auf 2 Abs.1 S.2 Nr. 3 und 2 Abs.1 S.3 NachwG, wonach die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses in schriftlicher Form unter Ausschluss der elektronischen Form nachzuweisen ist. 58 BAG 1.12.2004 NZA 2005, S.575. 59 Das LAG Berlin 7.1.2005, Az: 8 Sa 1500/04, hat für den Fall, dass der Arbeitnehmer vor Dienstantritt unterschrieben hat, der Arbeitgeber aber erst danach die Befristungsabrede als wirksam angesehen, da ein Arbeitnehmer auch auf Rückleitung eines Vertrages verzichten kann. 60 Hk-TzBfG/Boecken, 14 Rn159 mit dem Hinweis darauf, dass die Befristung der Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzprozesses eine von 14 Abs.4 TzBfG erfasste Zweckbefristung darstellt, BAG 22.10.2003 NZA 2004, S.1275, vgl auch HK-ArbR/Tillmanns Rn105 ff zu 14 TzBfG. 256

Zulässig dürfte es allerdings sein, einvernehmlich ein unbefristetes Arbeitsverhältnis 110 aufzuheben und in ein befristetes umzuwandeln; bei den Fällen der Unterschrift nach Arbeitsaufnahme muss aber vom Arbeitgeber verlangt werden, dass er Anhaltspunkte für einen entsprechenden Willen beider Vertragsparteien vorträgt, darüber hinaus muss dann ein Sachgrund vorliegen. 61 Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen ist nicht durch 14 Abs. 4 TzBfG erfasst. 111 2. Ende der Befristung, Klagefrist, Klageantrag a) Ablauf der Befristung, Fortsetzung über den Ablaufzeitpunkt hinaus 17 S. 1 TzBfG bestimmt, dass innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten 112 Ende des befristeten Arbeitsvertrages Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung zu erheben ist, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristung nicht beendet ist. Bei Fristversäumnisproblemen verweist 17 S.2 TzBfG auf die 5 ff KSchG. 17 S. 3 TzBfG betrifft den Sonderfall der Fortsetzung eines befristeten Arbeitsverhältnisses ohne Vereinbarung einer neuen Rechtsgrundlage über das Ende der vereinbarten 113 Zeit hinaus und korrespondiert mit 15 Abs. 2, Abs. 5 TzBfG. Zu ermitteln ist also zunächst das vereinbarte Ende des befristeten Vertrages. Da für 114 befristete Verträge das Schriftformerfordernis gilt, ist dies im Regelfall der kalendermäßigen Befristung unproblematisch und der vom Mandanten vorgelegten Abrede zu entnehmen. Hieran knüpft sich dann die Drei-Wochen-Frist. Sie gilt nicht für den Streit, ob überhaupt eine Befristung vorliegt, also wenn der Arbeitgeber sich beispielsweise auf eine angebliche mündliche Befristung beruft und den Arbeitnehmer am vermeintlichen Beendigungszeitpunkt nach Hause schickt. Sie gilt auch nicht für den Streit, ob die Befristungsabrede von beiden Parteien wirksam unterzeichnet wurde. Denkbar ist auch der Fall, dass eine Befristungsabrede so unklar ist, dass das vereinbarte Ende und damit der Beginn der Klagefrist nicht bestimmbar ist. Auch für diesen Fall ist die Klagefrist nicht in Anwendung zu bringen. 62 Problematischer als die Fälle der Kalenderbefristung sind die Fälle der Zweckbefristung 115 und der auflçsenden Bedingung. Hier schafft 15 Abs. 2 TzBfG Klarheit, der bestimmt, dass ein zweckbefristeter Arbeitsvertrag mit Erreichen des Zwecks, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung, endet. Der Arbeitgeber muss also den Arbeitnehmer spätestens zwei Wochen vor Zweckerreichung oder Bedingungseintritt schriftlich unterrichten. Damit ist das vereinbarte Ende in Form der Zweckerreichung konkretisiert. An den mitgeteilten Zeitpunkt der Zweckerreichung knüpft sich dann die dreiwçchige Frist. Wird über die objektive Zweckerreichung hinaus gearbeitet und erfolgt erst dann die 116 Unterrichtung, so gilt: Wird der richtige in der Vergangenheit liegende Zeitraum mitgeteilt, so beginnt die Klagefrist mit dem Zugang der Unterrichtung, nicht noch 61 Vgl Hk-TzBfG/Boecken, 14 Rn159 sowie Erf.Komm./Müller-Glçge Rn151 zu 1 TzBfG. 62 Vgl zu diesen Fragen ausführlich Hk-TzBfG/Boecken 17 Rn 5 ff sowie APS/Backhaus Rn 14 f zu 17 TzBfG, Erf.Komm./Müller-Glçge Rn 6 zu 17 TzBfG, vorsorglich zur Klage ratend HK-ArbR/Tillmanns Rn 1 zu 17 TzBfG. 257

aufgeschoben durch die zweiwçchige Auslauffrist nach 15 Abs.2 TzBfG. 63 In jedem Fall ist anzuraten, von einer ab dem Zeitpunkt einer Unterrichtung bei Zweckerreichung oder auflçsender Bedingung laufenden Klagefrist auszugehen und gegebenenfalls sogleich auch den Antrag auf nachträgliche Zulassung zu stellen. 64 Problematisch sind auch die Fälle, in denen der Arbeitgeber den Arbeitnehmer noch vor Zweckerreichung gemäß 15 Abs. 2 TzBfG unterrichtet, bis zum Zweckerreichungszeitraum aber nicht mehr die Zwei-Wochen-Frist eingehalten wird. Hier ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis über das vereinbarte Ende hinaus bis zum Ablauf der Zwei-Wochen-Frist fortsetzen muss, die Klagefrist beginnt allerdings hier mit dem mitgeteilten Zeitpunkt der objektiven Zweckerreichung. 65 117 Wichtig ist es bei der Wahrnehmung eines Arbeitnehmermandats, zu prüfen, ob das Arbeitsverhältnis als auf unbestimmte Zeit verlängert nach 15 TzBfG gilt. Die Fortsetzung über einen Beendigungstatbestand hinaus war früher nur in 625 BGB erfasst. Nun gilt für die Fortsetzung des befristeten Arbeitsverhältnisses 15 Abs. 5 TzBfG. Die Formulierung durch den Verpflichteten, die 625 BGB verwendet, fehlt bezogen auf die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in 15 Abs. 5 TzBfG. Alle Handlungen, die als Fortsetzungshandlungen in Betracht kommen (das Erscheinen des Arbeitnehmers zur Arbeitsaufnahme genauso wie beispielsweise das Fortzahlen von Vergütung als Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber), sind also relevant. 118 15 Abs. 5 TzBfG regelt auch den Fall der Zweckbefristung (unverzügliches Widersprechen bei Fortsetzung über die kalendermäßige Befristung und Mitteilung der Zweckerreichung bei der Zweckbefristung). 119 Hinweis: Bei der Mandatsbearbeitung ist also zunächst zu untersuchen, ob eine Befristung vorliegt und ob diese wirksam ist oder nicht. In den Fällen einer wirksamen Befristung ist dann zu fragen, ob es über den Fristablauf hinaus Fortsetzungshandlungen gegeben hat. Beim Arbeitnehmer liegt die Darlegungs- und Beweislast nicht nur für die Fortsetzungshandlungen, sondern auch für ein positives Wissen des Arbeitgebers in Bezug hierauf. 66 Bei Letzterem ist auf die vertretungsberechtigten Personen abzustellen. 67 Das Wissen hat sich nur auf die Fortsetzungshandlungen zu beziehen und nicht auf das Vertragsende. 68 b) Klagefrist, Klageantrag, Prozessuales 120 Wird geltend gemacht, dass auf dem Wege des 15 TzBfG ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu Stande gekommen ist, so ist die allgemeine Feststellungsklage die richtige Klageart; denkbar ist auch die Leistungsklage auf Vergütung bzw Verzugslohn und eine Klage, die auf tatsächliche Beschäftigung gerichtet ist, mçglicherweise auch eine 63 Umstritten, vgl APS/Backhaus Rn21 und Rn32 zu 17 TzBfG mwn, zum Meinungsstand in der Literatur ausführlich Hk-TzBfG/Joussen, 17 Rn30 ff. 64 APS/Backhaus Rn23 zu 17 TzBfG. 65 APS/Backhaus Rn33 zu 17 TzBfG, umstritten. 66 Hk-TzBfG/Joussen 15 Rn 91 mwn, APS/Backhaus Rn 66 f, Rn 94 zu 15 TzBfG. 67 APS/Backhaus Rn66 zu 15 TzBfG. 68 Umstritten, APS/Backhaus Rn67 zu 15 TzBfG, anderer Ansicht Erf.Komm./Müller-Glçge Rn36 zu 15 TzBfG. 258

einstweilige Verfügung mit diesem Ziel. Die Klagefrist des 17 TzBfG gilt in diesem Fall nicht. 69 Die Regelungen des 17 TzBfG beseitigt Unsicherheiten, wann bei einem Streit um die 121 Wirksamkeit einer Befristung Klage mit welchem Antrag zu erheben ist. 17 S. 1 TzBfG macht in seinen zwei letzten Halbsätzen klar, welcher Antrag zu stellen ist. Gegenstand der Klage ist die Befristung als Beendigungstatbestand. Wie bei der Kündigungsschutzklage geht es also um einen punktuellen Streitgegenstand. 70 Der Beginn der Drei-Wochen-Frist wurde bereits erçrtert, bei der Versäumnis der Frist ist auf die 5 ff KSchG zu verweisen (vgl C., III., Rn 288 ff). Die früher übliche Fassung des Klageantrags als allgemeiner Feststellungsantrag ( Es 122 wird festgestellt, dass zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht. ) ist nicht mehr anzuraten. Zwar ist denkbar, dass das Gericht durch Auslegung des Antrags und des Vortrags in der Klageschrift herausfiltert, gegen welche konkrete Befristung sich die Klage richtet. Dann kann eine solche Klage uu gerettet werden. 71 Man erspart sich Auslegungsprobleme und mindert Prozessrisiken, wenn man ernst 123 nimmt, dass 17 TzBfG mit einem punktuellen Streitgegenstandsbegriff arbeitet und in seinem Klageantrag die im Gesetz bereits vorgegebene Formulierung übernimmt: Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auf Grund der Befristungsvereinbarung vom... nicht zum... beendet worden ist. Hinweis: Zu beachten ist unbedingt, dass aus dem Antrag und dem Sachvortrag deutlich werden muss, gegen welche konkrete Befristungsabrede die Klage gerichtet ist. Da- 124 bei kann Gegenstand der gerichtlichen Nachprüfung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur die letzte Befristungsabrede zwischen den Parteien sein, auch wenn es sich um sogenannte Kettenverträge handelt. Es ist in der Praxis immer wieder festzustellen, wie erstaunlich lange sich im Bewusstsein von Arbeitnehmern, Betriebs- und Personalräten der Begriff des Kettenvertrages gehalten hat. Diese Erinnerung ist gepaart mit der Auffassung, dass von einem Gericht jedes Kettenglied untersucht wird und dass man bereits Erfolg hat, wenn sich eines als rechtlich brüchig erweist. Um keine Illusionen aufkommen zu lassen, hat der Anwalt in der Beratung bereits darauf aufmerksam zu machen, dass nunmehr durch Rechtsprechung und Gesetzesfassung klar ist, dass die Klage sich gegen die letzte Befristungsabrede richten muss und innerhalb von drei Wochen zu erheben ist. 72 Dies gilt auch dann, wenn es für die Beurteilung der Frage, ob eine Befristungsabrede 125 wirksam ist, darauf ankommt, ob zwischen den Parteien ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand oder nicht. 73 Anders als die jetzige Fassung des 14 Abs. 2 TzBfG, die sachgrundlose Befristungen nur zulässt, wenn zwischen den Parteien nicht zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand, gab es früher Regelungen, 69 APS/Backhaus Rn75 zu 17 TzBfG; HK-ArbR/Tillmanns Rn30 zu 15 TzBfG. 70 Vgl auch hierzu Hk-TzBfG/Joussen 17 Rn16 ff. 71 APS/Backhaus Rn 55 ff zu 17 TzBfG mit der Warnung, sich zukünftig auf eine gewisse Großzügigkeit des BAG zu verlassen, vgl auch Erf.Komm./Müller-Glçge Rn18 zu 17 TzBfG und HK-ArbR/Tillmanns Rn6 f zu 17 TzBfG. 72 Vgl zur historischen Entwicklung APS/Backhaus Rn63 ff zu 17 TzBfG mit zahlreichen weiteren Nachweisen. 73 BAG vom 22.3.2000, AP BeschFG 1996 1 Nr.1, NZA 2000, 884 886. 259

die nur ein unbefristetes Arbeitsverhältnis als schädlich ansahen. Das Bundesarbeitsgericht hat es in Fällen, in denen ein Aufsatteln einer rechtsgrundlosen Befristung auf eine Sachgrundbefristung erfolgen sollte, nicht zugelassen, dass implizit bei der Frage der Wirksamkeit der sachgrundlosen Befristung überprüft wurde, ob die frühere Sachgrundbefristung zulässig war, wenn diese nicht angegriffen worden war. Das Gericht begründet dies damit, dass sich die Klage innerhalb der Drei-Wochen-Frist gegen die letzte Befristung zu richten habe. 74 Auch wenn hiergegen sicherlich Bedenken geltend gemacht werden kçnnen, denn der Arbeitnehmer, dem ein neuer Vertrag angeboten wird, verständlicherweise die abgelaufene Befristung nicht rechtlich angreifen, muss man sich darauf einstellen, dass das Bundesarbeitsgericht konsequent nur die jeweils letzte Abrede einer rechtlichen Überprüfung unterwerfen wird, wenn diese innerhalb der Drei-Wochen-Frist angegriffen wird. 126 Dabei ist auch Vorsicht geboten hinsichtlich der Tragfähigkeit des sogenannten Annexgedankens. 75 Wenn die letzte Befristungsabrede, die angegriffen wird, sich in dem Satz erschçpft, dass auf einen vorherigen Vertrag und die dortige Befristungsabrede verwiesen wird, ist der Annexgedanke tragfähig. Denkbar sind zb Fälle, in denen eine Befristung für Abschlussarbeiten in Form einer letzten Verlängerung abgeschlossen wurde und diese auch als wirksam anzusehen ist, die eigentliche Befristungsabrede aber beispielsweise wegen Fehlens eines Befristungsgrundes nach dem Hochschulrahmengesetz sich als unwirksam darstellt. 76 127 In Bezug auf 14 Abs. 2 TzBfG, die rechtsgrundlose Befristung, heißt dies, dass dann, wenn wirklich eine Verlängerung vorliegt, erst nach Ablauf der in der letzten Verlängerung bestimmten Zeit die Drei-Wochen-Frist zu laufen beginnt. Auf die Problematik, was als Verlängerung anzusehen ist und wie sich Zwischenräume oder die ¾nderung von Vertragsbedingungen auswirken, wird an anderer Stelle eingegangen (vgl C., Rn 173 ff). 128 Hinsichtlich weiterer prozessualer Aspekte kann auf die Ausführungen zur Kündigungsschutzklage verwiesen werden (vgl C., III., Rn 254 ff). Bei manchen Konstellationen ist es mçglich, dass durch kollektivrechtliche Instrumente dem befristet beschäftigten Arbeitnehmer geholfen werden kann (vgl C., I., Rn 93 ff). In Tarifverträgen finden sich anders als im TzBfG Anspruchsgrundlagen für eine bevorzugte Berücksichtigung bei freien Stellen (vgl C., I., Rn 93). 129 Der Streitwert bestimmt sich, da es um den Bestand des Arbeitsverhältnisses geht, wie bei der Kündigung nach 42 Abs. 4 GKG. Auch die Entfristungsklage kann mit einem Antrag auf vorläufige Weiterbeschäftigung verbunden werden, dieser wirkt streitwerterhçhend (in der Regel eine Bruttomonatsvergütung, vgl C., III., Rn 604). 130 Als Versicherungsfall, in Bezug auf den die Rechtsschutzversicherung ihre Eintrittspflicht zu prüfen hat, wird in der Regel der Abschluss der Befristungsabrede, die angegriffen werden soll, zu gelten haben (vgl B., I., Rn 105). 74 BAG vom 24.10.2001 NZA 2002 S. 1335. 75 Vgl APS/Backhaus Rn68 zu 17 TzBfG. 76 Vgl APS/Backhaus Rn69 zu 17 TzBfG mwn. 260

3. Befristungsregelungen außerhalb des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, Kündbarkeit von befristeten Verträgen Befristungsregelungen außerhalb des Teilzeit- und Befristungsgesetzes, die auf Gesetzen beruhen, bleiben nach 23 TzBfG unberührt. Beispiele sind das Wissenschafts- 131 zeitvertragsgesetz in Nachfolge der 57 a ff HRG oder das Gesetz über befristete Verträge mit ¾rzten in der Weiterbildung. 77 Ein besonderes auflçsend bedingtes und befristetes Vertragsverhältnis ist das Berufsausbildungsverhältnis (vgl A., III., Rn 162 ff). 22 TzBfG enthält Vorschriften für abweichende Vereinbarungen. Hierbei geht es insbesondere um tarifvertragliche Regelungen, die unproblematisch sind, wenn sie bei- 132 spielsweise die Sachgründe des 14 Abs. 1 TzBfG einschränken oder andere Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben zu Gunsten der Arbeitnehmer enthalten. 78 Auch in Bezug auf die zeitliche Dimension sind Tarifverträge nicht außer acht zu lassen. 133 So kann es durchaus sein, dass eine Befristung an sich nach dem TzBfG zulässig wäre und auch der Tarifvertrag inhaltlich nicht entgegensteht, im Tarifvertrag aber eine zeitliche Hçchstgrenze vorgesehen ist, an deren Überschreitung im konkreten Fall aber die Wirksamkeit der Befristung scheitern kann. Bei dieser Konstellation kann dann ein unbefristetes Arbeitsverhältnis erfolgreich geltend gemacht werden. Zu untersuchen ist allerdings, ob die tarifliche Hçchstgrenze sich auf einen einzigen Arbeitsvertrag bezieht und mehrere aufeinanderfolgende Verträge die Hçchstgrenze überschreiten dürfen oder ob auch bei Zusammenzählen mehrerer Verträge die Hçchstgrenze nicht überschritten werden darf. 79 Ein anderer Aspekt ist der, dass Tarifverträge strengere Formvorschriften enthalten 134 kçnnen und beispielsweise die Vereinbarung eines Befristungsgrundtatbestandes tariflich gefordert ist. Dies kann im Einzelnen Angriffsmçglichkeiten für die Wahrnehmung des Arbeitnehmermandats erçffnen. 80 Beim Vorliegen befristeter Verträge hat der Anwalt sich bisweilen auch mit der Frage zu 135 beschäftigen, ob während der Befristungsdauer die ordentliche Kündigung durch die Arbeitsvertragsparteien zulässig ist. Dies spielt in der Beratungspraxis eine Rolle sowohl in Bezug auf eine beabsichtigte Eigenkündigung eines Arbeitnehmers wie auch in Bezug auf eine Kündigung der Arbeitgeberseite. Letzteres ist vor allem dann von Bedeutung, wenn das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis noch nicht Anwendung findet. 15 Abs. 3 TzBfG stellt die Grundregel auf, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis nur dann der ordentlichen Kündigung unterliegt, wenn dies einzelvertraglich oder im anwendbaren Tarifvertrag vereinbart ist. Es stellt sich also die Frage, wann ein Fall einer solchen Vereinbarung vorliegt. Klarheit besteht, wenn 77 Vgl zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz Kortstock in ZTR 2007, 350 ff, Erf.Komm./Müller-Glçge zu 23 TzBfG Rn 1 ff sowie Hk-TzBfG/Joussen 23 Rn 3 mit weiteren Beispielen und HK-ArbR/Tillmanns Rn 2 ff zu 23 TzBfG. 78 Zur gesamten Problematik auch der richterlichen Kontrolle tariflich zugelassener Sachgründe APS/Backhaus Rn 13 ff zu 22 TzBfG m. zahlreichen Nachweisen, Hk-TzBfG/Joussen 22 Rn 1. 79 In Nachfolge der BAT-Regelungen stellt zb 30 Abs. 2 TVçD auf den einzelnen Vertrag ab, BAG vom 27.4.1988, BAG AP TVG 1 Tarifverträge: Rundfunk Nr. 18 mit einem Beispiel zu einer anders zu wertenden Klausel. 80 Vgl Erf.Komm./Müller-Glçge Rn5 f zu 22 TzBfG, die Regelungen im neuen TVçD verweisen weitgehend auf das TzBfG, so dass die Bedeutung dieser Fragestellungen abnimmt. 261

ausdrücklich die Kündbarkeit als solche vereinbart ist. Es reicht aber auch aus, dass ein dahingehender beiderseitiger Wille aus den Umständen eindeutig erkennbar ist (zb durch Vereinbarung von Kündigungsfristen). 81 136 Da es keine gesetzlichen Hçchstgrenzen für die Dauer von befristeten Verträgen mit Ausnahme von 14 Abs. 2 S.1 TzBfG gibt, ist auch noch 15 Abs. 4 TzBfG, der inhaltlich 624 BGB entspricht, von Bedeutung, der bestimmt, dass ein Arbeitsverhältnis, das für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf Jahre eingegangen ist, vom Arbeitnehmer nach Ablauf von 5 Jahren gekündigt werden kann. Die maßgebliche Kündigungsfrist beträgt dann sechs Monate. 4. Die Befristung mit Sachgrund nach 14 Abs. 1 TzBfG a) Allgemeines zu 14 Abs. 1 TzBfG, Darlegungs- und Beweislast 137 Die wichtigsten Sachgründe, auf die eine Befristung gestützt werden kann, sind nunmehr, soweit nicht spezialgesetzlich geregelt, in 14 Abs. 1 TzBfG normiert. Blickt man auf den Katalog der Sachgründe, so sind viele daraus aus der früheren Rechtsprechung vor Schaffung des TzBfG bekannt. Die gesetzliche Normierung knüpft an die Entscheidungspraxis des Bundesarbeitsgerichts an, es darf aber nicht übersehen werden, dass durch das Gesetz die Befristungskontrolle auf eine andere Grundlage gestellt wird. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner früheren Rechtsprechung als Anknüpfung den Gedanken der Umgehung des gesetzlichen Kündigungsschutzes, vor allem des Kündigungsschutzgesetzes gewählt. Es musste also bei der Befristungskontrolle in früherer Zeit zunächst danach gefragt werden, welcher Kündigungsschutz hätte umgangen werden kçnnen, was eine Befristungskontrolle zum Beispiel bei Befristungen bis zu 6 Monaten dann, wenn kein besonderer anderer Kündigungsschutz vorlag oder es sich um nahtlose Kettenverträge handelte, verhindert hat. Trotz der Anknüpfung an diese Rechtsprechung durch den Gesetzgeber, was die einzelnen Gründe betrifft, ist es nun so, dass jedwede Befristung eines Sachgrundes bedarf. Dies gilt auch in Kleinbetrieben und bei kurzen Befristungen, es sei denn, diese kçnnen auf 14 Abs. 2 TzBfG gestützt werden. 82 138 Klarzustellen ist an dieser Stelle, dass sich 14 Abs. 1 TzBfG mit der Befristung des gesamten Arbeitsverhältnisses beschäftigt, nicht mit der Befristung einzelner Vertragsbedingungen. Diese hat das Bundesarbeitsgericht früher, soweit der Kernbereich des Arbeitsverhältnisses berührt war, unter dem Gesichtspunkt der Umgehung des gesetzlichen ¾nderungskündigungsschutzes ebenfalls der Befristungskontrolle unterworfen. Diese Rechtsprechung ist durch 14 Abs. 1 TzBfG nicht überflüssig geworden. Auch 14 Abs. 2 TzBfG ist nicht anwendbar, wenn seine Voraussetzungen gegeben sind. Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen unterliegt generell nicht der Kontrolle nach dem TzBfG. Vielmehr bleibt hier das Sachgrunderfordernis unter dem Gesichtspunkt der Gefahr der Umgehung des ¾nderungskündigungsschutzes bestehen. 83 81 Vgl Hk-TzBfG/Joussen 15 Rn 56, Erf.Komm./Müller-Glçge Rn 13 ff zu 15 TzBfG. 82 Vgl grundsätzlich APS/Backhaus Rn 5 ff und Rn 13 ff zu 14 TzBfG, Erf.Komm./Müller-Glçge Rn 9 zu 14 TzBfG, Hk-TzBfG/Boecken 14 Rn1 ff und HK-ArbR/Tillmanns Rn5 ff zu 14 TzBfG. 83 BAG 14.1.2004 AP TzBfG 14 Nr.10, APS/Backhaus Rn 412 zu 14 TzBfG und Rn 42 ff vor 14 TzBfG sowie Hk-TzBfG/Boecken 14 Rn36 und HK-ArbR/Tillmanns Rn 6 ff zu 3 TzBfG. 262

Bei den einzelnen Sachgründen ist zunächst der Charakter der Aufzählung in 14 139 Abs. 1 S. 2 TzBfG als Beispielskatalog zu erfassen. Durch Verwendung des Wortes insbesondere wird deutlich, dass die Aufzählung nicht abschließend ist. Bevor auf die einzelnen Gründe eingegangen werden soll, sind einige grundsätzliche Fragen anzusprechen. Der Sachgrund ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Befristung, er selbst muss nicht Vertragsinhalt werden. Dies heißt, dass dann, wenn nicht tarifliche Vorschriften entgegen- 140 stehen, der Sachgrund nicht angegeben werden muss, sondern ein Berufen auf ihn im Prozess ausreichend ist. Allerdings muss der Grund bei Vertragsschluss objektiv vorliegen. 84 Ist ein Befristungsgrund angegeben worden, kann die Arbeitnehmervertretung den Versuch unternehmen, hieraus unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung des Arbeitgebers Argumente zu gewinnen. 85 Dies gilt auch für das Verhältnis der Sachgrundbefristung, wenn ein solcher im Vertrag 141 angegeben ist, zum Versuch, bei Scheitern dieser Argumentation, arbeitgeberseits 14 Abs. 2 TzBfG, wenn dessen Voraussetzungen vorliegen, heranzuziehen. Allerdings wird man der Rechtsprechung nicht entnehmen kçnnen, dass der Nennung eines bestimmten Sachgrundes hinsichtlich des Ausschlusses anderer Befristungsgründe mehr als nur eine Indizwirkung zukommt; entscheidend bleibt die objektive Situation. 86 Die gilt nach Ansicht des BAG nunmehr auch bei dem Sachgrund Erprobung. 87 Bei der Zweckbefristung ist zu verlangen, dass der Zweck, der den Sachgrund abgibt, 142 dem Arbeitnehmer deutlich wird. Da es an einer kalendermäßigen Befristung fehlt, ergibt sich die Befristung selbst ja unauflçsbar aus dem Zweck, so dass hier die Angabe des Sachgrundes in der Befristungsabrede schon aus dem Bestimmtheitserfordernis von 14 Abs. 4 TzBfG folgt. 88 Hinweis: Das Sachgrunderfordernis muss sich auf die Befristung beziehen, nicht auf die 143 Dauer. Allerdings kann es so sein, dass sich aus einem deutlichen Auseinanderfallen des Bestehens des Sachgrundes und der Dauer des befristeten Vertrages Argumente gegen das objektive Vorliegen des Grundes gewinnen lassen. 89 Hierauf wird die Arbeitnehmervertretung zu achten haben. Ein zentraler Aspekt ist die Prognose. Es kommt auf die objektiven Umstände zum Zeitpunkt des Abschlusses der Befristungsabrede an. Oft sind diese objektiven Umstände 144 jedoch nicht eindeutig klar, wenn die Befristungsabrede geschlossen wird (zb bei vorübergehendem betrieblichen Bedarf an der Arbeitsleistung). Im Einzelnen ist auf die Anforderungen an die Prognose bei den jeweiligen Beispielen näher einzugehen. Grundsätzlich gilt, dass bei den immer noch so genannten Kettenbefristungen mit der Zahl und der Dauer der Befristungen die Anforderungen an die Prognose wachsen. Hieraus 84 Hk-TzBfG/Boecken 14 Rn20, APS/Backhaus Rn468 f zu 14 TzBfG mwn. 85 Vgl Hk-TzBfG/Boecken 14 Rn 20 mwn, APS/Backhaus Rn 29 ff zu 22 TzBfG mwn. 86 Vgl Hk-TzBfG/Boecken aao sowie den Überblick bei APS/Backhaus aao. 87 Dies war vor dem TzBfG teilweise anders gesehen worden, jetzt BAG 23.6.2004, NZA 2004, 1333, vgl auch Hk-TzBfG/Boecken 14, Rn78 mwn. 88 Vgl Hk-TzBfG/Boecken 14 Rn158, BAG 21.12.2005 NZA 2006, 321, 323, APS/Backhaus Rn467 zu 14 TzBfG. 89 Vgl APS/Backhaus Rn46 zu 14 TzBfG mwn. 263

kçnnen sich wiederum für die Arbeitnehmervertretung Ansatzpunkte bei der Befristungskontrolle ergeben. 90 145 In manchen Fällen ist an den Gleichbehandlungsgrundsatz zu denken. Dies gilt dann, wenn ein Arbeitgeber den durch Vertretungsfälle entstehenden Arbeitsbedarf sowohl durch befristete wie auch durch unbefristete Einstellungen abdeckt. Mittelbar dürfte dieser Rechtsgedanke in solchen Fällen zumindest bei der Kontrolle des Sachgrundes Bedeutung erlangen. Wenn der Arbeitgeber im vorgenannten Beispiel keine grundlegenden konzeptionellen Erwägungen dartun kann, wird die Befristungskontrolle wegen fehlendem Sachgrund aus Arbeitnehmersicht Erfolg versprechend sein. 146 Bei der nun folgenden Erçrterung einzelner Sachgründe wird aufgezeigt, welche spezifischen Angriffsflächen für die Arbeitnehmervertretung bei typischen Fallgestaltungen gegeben sein kçnnen. Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt, dass derjenige, der sich auf die Befristung beruft und hieraus eine für sich günstige Rechtsfolge herleiten will, sich dieser Last stellen muss. Dies wird typischerweise der Arbeitgeber sein. Dieser muss dann vortragen und unter Beweis stellen, aus welchen tatsächlichen Umständen er einen sachlichen Grund für die Befristung herleitet. Er muss auch vortragen, woraus sich die Prognose für den Wegfall des Arbeitsbedarfs, wenn es hierauf ankommt, ergibt. 91 b) Sachgrund nach 14 Abs. 1 Nr. 1 TzBfG: vorübergehender Bedarf an der Arbeitsleistung 147 Entscheidend ist hier, dass es dem Arbeitgeber im Prozess nur dann gelingen kann, sich erfolgreich auf diesen Befristungsgrund zu berufen, wenn er die bei Abschluss der Befristungsabrede gegebene realistische Prognose darlegen und beweisen kann, dass der Arbeitskräftebedarf wieder in Wegfall kommt. 148 Gerade bei diesem Befristungsgrund sind die Überlegungen von Bedeutung, die schon früher in der Rechtsprechung zur Gefahr der Umgehung des Kündigungsschutzes, hier des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz, gegenüber betriebsbedingten Kündigungen, angestellt wurden. Jede wirtschaftliche Tätigkeit bringt eine gewisse Unsicherheit mit sich, zb Veränderungen des Konsumentenverhaltens, schwankende Auftragslage, veränderte Konkurrenzsituation etc. Diese Unsicherheit kennzeichnet durchaus auch den çffentlich-rechtlichen Sektor, auch dieser hat sich unter kündigungsschutzrechtlichen Gesichtspunkten hierauf einzustellen (schwanke Schülerzahlen, schwankende Anmeldezahlen in sozialen Einrichtungen etc.). Diese Gegebenheiten sind stets der Arbeitgebersphäre unter kündigungsschutzrechtlichen Gesichtspunkten zuzuordnen. Er kann hierauf gegebenenfalls mit betriebsbedingten Kündigungen nach den dort geltenden gesetzlichen Vorgaben bzw den dazu entwickelten Rechtsgrundsätzen reagieren, nicht aber präventiv dieses Risiko durch Befristungen vermeiden. 149 Anders ist dies dann, wenn bereits bei Auftreten des Beschäftigungsbedarfs eine hinreichend sichere Prognose, dass dieser auch wieder wegfällt, gegeben werden kann (Beispiel: Ein Arbeitgeber nimmt außerhalb seines eigentlichen Arbeitsfeldes ausnahmsweise und ohne greifbare Aussichten für Anschlussaufträge ein Projekt an). Aus der 90 Vgl Hk-TzBfG/Boecken 14 Rn15, APS/Backhaus Rn57 zu 14 TzBfG mwn. 91 Erf.Komm./Müller-Glçge Rn 16 f zu 17 TzBfG. 264